Gemeine Keilfleckschwebfliege oder Wald-Mistbiene (Eristalis pertinax)
Steckbrief:
Länge: ♀: 12-16,5 mm, ♂: 11-12 mm
Flügellänge: 8,25- 12,75 mm
Farbe: Hinterleib schwarz, mit 2 gelben, keilförmigen Flecken am 2. und 3. Hinterleibsabschnitt, beim Männchen Hinterleib keilförmig
Artbeschreibung
Die Gemeine Keilfleckschwebfliege oder Wald-Mistbiene (Eristalis pertinax) gehört zur Familie der Schwebfliegen (Syrphidae) aus der Ordnung der Zweiflügler (Diptera). Mit einer Körperlänge von über 16 mm und einer durchschnittlichen Flügelspannweite von 12,75 mm zählt sie mit zu den größten heimischen Schwebfliegenarten. Die Gemeine Keilfleckschwebfliege ahmt durch die Musterung und Färbung ihres Hinterleibes das Erscheinungsbild einer Honigbiene nach. Auf dem schwarzen Hinterleib befinden sich in der Regel an den Seiten des 2. Abschnittes 2 gelbe – orangegelbe keilförmige Flecken, die sich bei den Männchen auch über den 3. Abschnitt erstrecken. Beim Weibchen treten sie lediglich auf dem 2. Hinterleibsabschnitt auf.[8] Diese keilförmigen, gelben Flecke auf dem Hinterleib haben zu dem deutschen Namen „Keilfleckschwebfliege“ für die Gattung „Eristalis“ geführt. Aufgrund dieses Farbmusters auf dem Hinterleib besteht eine auffallende Ähnlichkeit mit dem Farbmuster des Hinterleibes unserer heimischen westlichen Honigbiene (Apis mellifera), bei der die vorderen Hinterleibsringe oft eine gelbe oder rötliche Farbe aufweisen.[2] Dieser Eindruck wird zusätzlich durch helle, schmale Bänder, die die schwarzen Hinterleibsabschnitte voneinander absetzten und an die hellbraunen Filzbinden an der Basis der Hinterleibsabschnitte der Honigbiene erinnern, verstärkt. Der wenig schmeichelhafte, volkstümliche deutsche Name „Wald-Mistbiene“, mit der diese Fliege geschmäht wird, bezieht sich zum einen auf diese Ähnlichkeit mit einer Honigbiene und zum anderen auf die Lebensweise ihrer Larven in Jauche- bzw. Sickergruben oder As und Mist. Da die Weibchen diese Orte zur Eiablage aufsuchen, werden sie infolgedessen auch häufig an diesen Orten beobachtet und entsprechend abwertend tituliert. Die erwachsenen Tiere sind gerne in geschützten Bereichen mit Bäumen und Sträuchern, wie beispielsweise in lichten Wäldern, an Waldrändern, in Parks und Gärten unterwegs. Diese Art wird daher auch häufig als „Wald-Mistbiene“ bezeichnet. [4, 8]
Die hier vorliegende Ähnlichkeit zwischen einer Schwebfliege und der Honigbiene ist ein Beispiel für das in der Familie der Schwebfliegen häufig anzutreffende Phänomen der Mimikry. In der Biologie wird die Nachahmung des Erscheinungsbildes bestimmter Tiere und Pflanzen durch andere nicht mit ihnen verwandter Tiere und Pflanzen als “Mimikry“ bezeichnet. Dieser Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Nachahmung/Nachbildung“. Ahmen harmlose Tiere in ihrem Aussehen oder auch Verhalten wehrhafte Tiere nach, wie beispielsweise viele Schwebfliegen, so spricht man auch von einer „Batesschen Mimikry“. Die Bezeichnung dieser Form der Mimikry geht auf die Entdeckungen des englischen Naturforschers und Evolutionsbiologen Henry Walter Bates (1825-1892) zurück. Diese Nachahmung eines wehrhaften Insektes durch ein wehrloses soll dem „Nachahmer“ einen besseren Schutz vor Feinden bieten.
Die Männchen und Weibchen der Gemeinen Keilfleckschwebfliege unterscheiden sich deutlich voneinander. Während der Hinterleib des Männchens deutlich keilförmig ist, ist der Hinterleib der Weibchen nicht auffallend verschmälert. Die Weibchen erscheinen dadurch deutlich plumper als die Männchen.[3, 8, 9] Auch können die beiden seitlichen orangegelben Flecken bei den Weibchen deutlich weniger ausgeprägt sein als bei den Männchen.[8] Die Augen sind bei den Weibchen durch eine auffallend breite Stirn (nahezu ¼ der Kopfbreite) voneinander getrennt, während sie bei den Männchen direkt aneinanderstoßen.[9]
Das wachsgelbe Schildchen hebt sich deutlich von der matt glänzenden, braunschwarzen, goldbraun behaarten Rückenplatte des Brustkorbes (Mesonotum) ab.[8]
Im Unterschied zu den ungefiederten Fühlerborsten der Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege oder Mistbiene (Eristalis tenax) ist die Fühlerborste der Gemeinen Keilfleckschwebfliege oder Wald-Mistbiene gefiedert.[1, 3, 4, 6, 7, 8, 9] Ein weiteres Merkmal an dem die ansonsten leicht mit anderen Keilfleckschwebfliegenarten zu verwechselnde Gemeine Keilfleckschwebfliege von anderen Arten unterschieden werden kann, ist die Farbe der Fußglieder (Tarsen) des vorderen und mittleren Beinpaares. Die Wald-Mistbiene ist die einzige Art mit vollständig gelben bis rotgelben Tarsen an dem vorderen und mittleren Beinpaar.[1, 3, 4, 6, 7, 8, 9]

Der schwarze Hinterleib der Gemeinen Keilfleckschwebfliege (Eristalis pertinax) ist auffallend keilförmig verschmälert. An den Seiten des 2. Hinterleibsabschnittes befindet sich je ein gelber keilförmiger Fleck. Die schwarzen Hinterleibsabschnitte sind durch helle, schmale Bände voneinander abgesetzt. Foto: M. Neitzke

Aufgrund des kräftigeren Hinterleibes erscheinen die Weibchen der Keilfleckschwebfliege deutlich plumper als die Männchen. Auch die namengebenden gelben, keilförmigen Flecken sind bei den Weibchen häufig schwächer ausgeprägt als bei den Männchen. Fotos: M. Neitzke

Die Augen der Weibchen werden durch eine breite (1/4 der Kopfbreite) behaarte Stirn voneinander getrennt (links). Die Augen der Männchen stoßen dagegen direkt aneinander (rechts). Fotos: M. Neitzke

Ein Unterscheidungsmerkmal zwischen der Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege (Eristalis tenax) und der Gemeinen Keilfleckschwebfliege (Eristalis pertinax) ist die gefiederte Fühlerborste bei der Gemeinen Keilfleckschwebfliege. Fotos: M. Neitzke

Die Fußglieder (Tarsen) des vorderen und mittleren Beinpaares weisen bei der Gemeinen Keilfleckschwebfliege eine gelbliche bis rötlich gelbe Farbe auf. Foto: M. Neitzke
Auch die Flügel weisen einige charakteristische Merkmale auf. So ist der dunkelbraune Flügelfleck (Pterostigma) 2-3- mal so lang wie breit.[3, 4, 7, 8] Bei der kleineren Mittleren Keilfleckschwebfliege (Eristalis interrupta) ist er dagegen punktförmig. Auffällig ist ein unscharf begrenztes dunkles Flügelband In der Mitte des Flügels.[4, 7] Alle Keilfleckschwebfliegenarten sind an einer markanten Ausbuchtung der Flügelader M zu erkennen, man spricht von der sog. „Eristalini-Welle“.[7, 8]

Deutlich ist am Rand des Flügels der für die Wald-Mistbiene charakteristische längliche, dunkelbraune Flügelfleck (Pterostigma) zu erkennen. Typisch für die Unterfamilie der Keilfleckschwebfliegen (Eristalini) ist die markante Ausbuchtung der Flügelader M, die sog. „Eristalini-Welle“.[7, 8] Foto: M. Neitzke

Ein unscharf begrenztes dunkles Band zieht sich etwa in der Mitte quer über den Flügel. Foto: M. Neitzke
Die erwachsenen Tiere (Imago) ernähren sich von Nektar und Pollen. Bei ihrem Blütenbesuch leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Bestäubung der von ihnen aufgesuchten Arten. Dabei suchen sie sowohl Blüten mit offen präsentiertem Nektar als auch Blüten mit einer kurzen und weiten Blütenröhre auf. Zu der ersten Gruppe gehören hauptsächlich die Blüten der Doldenblütler (Apiaceae), der Ahorn (Acer spec.)- und Lindenarten (Tilia spec.) und vor allem die Blüten des Gemeinen Efeus (Hedera helix). Auf letzteren sind sie besonders häufig anzutreffen. Blüten der zweiten Gruppe treten häufig in der Familie der Lippenblütler auf (Lamiaceae). Oft sind sie auch auf den Blüten verschiedener Korbblütler (Asteraceae) anzutreffen, wo sie den aus den Staubblattröhren herausgepressten Pollen auftupfen oder den am Grund der Blüte abgeschiedenen Nektar aufsaugen. Aber auch die Blüten zahlreicher anderer Familien, wie beispielsweise der Rosengewächse werden aufgesucht.

Ein Männchen einer Wald-Mistbiene leckt den auskristallisierten Nektar von dem Nektarium einer Efeublüte (Hedera helix) (links).[5] Auch der Nektar des Feldahorns (Acer campestre) wird offen dargeboten und braucht von der Wald-Mistbiene nur noch abgeschleckt zu werden.[5] Foto: M. Neitzke

Die Blüten des Giersch (Aegopodium podagraria) (links) werden vor allem wegen des leicht zugänglichen Nektars aufgesucht. Zusätzlich bieten die Doldenblütler den Blütenbesuchern aber auch ein reiches Pollenangebot (Bärenklau (Heracleum sphondylium)) (rechts).[5] Fotos: M. Neitzke

Auch die goldgelben Blüten der Kanadischen Goldrute (Solidago canadensis) (links) und die weißen der Gemeinen Schafgarbe (Achillea millefolium) (rechts) locken die Wald-Mistbiene mit ihrem Pollen- und Nektarangebot an.[5] Beide gehören zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). Fotos: M. Neitzke

Der Pollen und Nektar der fast radiären, glockigen Blüten verschiedener Minzarten, wie der Wasserminze (Mentha aquatica) (links) und der Ackerminze (Mentha arvensis) (rechts) können ebenfalls von der Wald-Mistbiene genutzt werden.[5] Fotos: M. Neitzke

Auch der Dost (Origanum vulgare) (links) und der Ufer- Wolfstrapp (Lycopus europaeus) (rechts) bieten Pollen und Nektar, der von der Wald-Mistbiene gefressen werden kann. [5] Fotos: M. Neitzke

Der Besuch der Schlehenblüten (Prunus spinosa) dient einer ausgiebigen Pollenmahlzeit. Dabei pudert sich die Gemeine Keilfleckschwebfliege ausgiebig mit dem gelben Pollen ein (rechts), der nun auf andere Blüten übertragen werden kann.[5] Fotos: M. Neitzke

Die Überbrückung des Abstandes zwischen benachbarten Schlehenblüten erfordert ausgiebige Dehnübungen, die an ein „Schwebfliegenyoga“ erinnern. Fotos: M. Neitzke

Die Blüten des Ligusters (Ligustrum vulgare) werden sowohl als Nektar- (links) als auch als Pollenquelle (rechts) genutzt. Fotos: M. Neitzke
Die weißgelben Larven der Mistbiene leben dagegen in Gräben, Teichen und anderen stehenden Gewässern mit einer großen Menge an organischen Nährstoffen, aber eben auch an etwas unappetitlicheren Orten, wie fauligem Wasser, Jauche- und Sickergruben, verwesendem Aas und Mist wo sie sich von faulenden organischen Pflanzenstoffen ernähren.[1, 8, 9] Die Larven der Gattung „Eristalis“ sind sehr gut an eine Lebensweise im Wasser angepasst. Sie gehören zu den sog. Rattenschwanzlarven. Sie besitzen am hinteren Körperende ein schwanzähnliches Atemrohr, das in ausgestrecktem Zustand eine Länge von bis zu 4 cm erreicht, was der mehrfachen Länge des eigentlichen Larvenkörpers entspricht. Dieses Atemrohr dient der Sauerstoffversorgung der Larven und besteht aus 3 Abschnitten, die teleskopartig ausgestülpt werden können. Es stellt eine Anpassung an ihre Lebensweise in schlammigen Tümpeln, Jauche- und Abortgruben oder mit Wasser gefüllten Baumhöhlen dar. Das Atemrohr ermöglicht es nämlich den Larven, ähnlich einem Schnorchel, bei einem Aufenthalt unter der Wasseroberfläche mit Hilfe der ausgestülpten Atemröhre atmosphärische Luft in das Tracheensystem aufzunehmen.[1] Die über den Boden kriechende Larve saugt die fressbaren Stoffe zusammen mit Wasser in die Mundhöhle. Die Nahrungspartikel werden zunächst von einem Siebapparat festgehalten, der wie eine Reuse funktioniert und gelangen anschließend in den Darm, während das Wasser über eine Schlundkammer wieder durch die Mundöffnung abgeschieden wird.[1] Die Larven der Mistbiene leisten so einen Beitrag zur Klärung von Abwässern zum Nährstoffrecycling. Die etwas abwertende Titulierung dieser Fliegen als Mistbiene wird ihrer Leistung in unseren heimischen Ökosystemen nicht gerecht. Die ausgewachsenen Larven verlassen zum Verpuppen das Wasser und suchen trockenere Orte auf.[1, 5]
Die Gemeine Keilfleckschwebfliege ist in Europa und Asien weit verbreitet. Sie fliegt in mindestens 2 Generationen von April bis September. Die Wald-Mistbiene überwintert als Puppe.[3, 4, 6, 7, 8, 9]
Literatur:
- Bastian, O. (1986): Schwebfliegen, Neue Brehm-Bücherei, Band 576, Ziemsen, Wittenberg.
 - Bellmann, H. (1999): Der neue Kosmos-Insektenführer. Kosmos-Naturführer, Franckh-Kosmos, Stuttgart, 446 S.
 - http://www.insektenbox.de
 - https://arthropodafotos.de
 - https://biodiversität-und-schönheit.de/Pflanzenvielfalt
 - https://insekten-sachsen.de
 - https://www.natur-in-nrw.de
 - https://www.naturspaziergang.de
 - Kormann, K. (2002): Schwebfliegen und Blasenkopffliegen Mitteleuropas. Fauna Naturführer Band 1, Fauna Verlag, Nottuln, 270 S.
 
