Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege oder Mistbiene (Eristalis tenax) –

die Geschmähte unter den Schwebfliegen

Steckbrief:


Länge: ♀: 12-15 mm, ♂: 12-16 mm

Flügellänge: 9,75 – 13 mm

Flügelspannweite: 15 mm

Farbe: Hinterleib schwarzbraun mit 2 gelben, keilförmigen Flecken am 2. und 3. Hinterleibsabschnitt

Artbeschreibung


Die Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege oder Mistbiene gehört zur Familie der Schwebfliegen (Syrphidae) aus der Ordnung der Zweiflügler (Diptera). Mit einer Körperlänge von bis zu 16 mm und einer durchschnittlichen Flügelspannweite von 15 mm ist sie die größte heimische Keilfleckschwebfliegenart. Die Färbung des plumpen, glänzenden, schwarz - dunkelbraunen Hinterleibes ist sehr variabel. In der Regel weist er an den Seiten des 2. Abschnittes 2 gelbe – orangegelbe keilförmige Flecken auf, die sich bei den Männchen auch über den 3. Abschnitt erstrecken. Beim Weibchen treten sie lediglich auf dem 2. Hinterleibsabschnitt auf. [1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9] In seltenen Fällen können diese Flecken auch fehlen.[8] Das Schildchen ist heller gefärbt als die dunkle, hell marmorierte Brust und der Hinterleib.[8]

Diese keilförmigen, gelben Flecke auf dem Hinterleib haben zu dem deutschen Namen „Keilfleckschwebfliege“ für die Gattung „Eristalis“ geführt. Aufgrund dieses Farbmusters auf dem Hinterleib besteht eine auffallende Ähnlichkeit mit dem Farbmuster des Hinterleibes unserer heimischen westlichen Honigbiene (Apis mellifera), bei der die vorderen Hinterleibsringe oft eine gelbe oder rötliche Farbe aufweisen.[2] Diese Ähnlichkeit ist verantwortlich für den deutschen Namen „Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege“ für diese Schwebfliegenart. Weniger schmeichelhaft ist allerdings der noch häufiger im Volksmund verwendete deutsche Name „Mistbiene“, mit der diese Fliege geschmäht wird. Er bezieht sich auf die Lebensweise der Larven in Jauche- bzw. Sickergruben oder As und Mist. Da die Weibchen diese Orte zur Eiablage aufsuchen, werden sie infolgedessen auch häufig an diesen Orten beobachtet. Dies hat ihrem Ruf eindeutig geschadet. Die hier vorliegende Ähnlichkeit zwischen einer Schwebfliege und der Honigbiene ist ein Beispiel für das in der Familie der Schwebfliegen häufig anzutreffende Phänomen der Mimikry. In der Biologie wird die Nachahmung des Erscheinungsbildes bestimmter Tiere und Pflanzen durch andere nicht mit ihnen verwandter Tiere und Pflanzen als “Mimikry“ bezeichnet. Dieser Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Nachahmung/Nachbildung“. Ahmen harmlose Tiere in ihrem Aussehen oder auch Verhalten wehrhafte Tiere nach, wie in dem vieler Schwebfliegen, so spricht man auch von einer „Batesschen Mimikry“. Die Bezeichnung dieser Form der Mimikry geht auf die Entdeckungen des englischen Naturforschers und Evolutionsbiologen Henry Walter Bates (1825-1892) zurück. Diese Nachahmung eines wehrhaften Insektes durch ein wehrloses soll dem „Nachahmer“ einen besseren Schutz vor Feinden bieten.


Der dunkle Hinterleib der Männchen der Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege trägt je 2 keilförmige gelbe -orangegelbe Flecke auf dem 2. Und 3. Hinterleibsabschnitt. Foto: M. Neitzke


Bei den Weibchen treten die gelben Flecke nur auf dem 2. Hinterleibsabschnitt auf. Die großen Facettenaugen der Weibchen sind deutlich voneinander getrennt. Bei den Männchen stoßen sie dagegen auf der Stirn zusammen. Fotos: M. Neitzke


Vorbild und Kopie bei dem gemeinsamen Besuch eines Blütenstandes des Gemeinen Efeus (Hedera helix). Foto: M. Neitzke

Im Unterschied zu den anderen Arten dieser Gattung weisen die großen Facettenaugen der Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege 2 schwarz-braune, eine Ellipse bildende, oben und unten verbundene Haarstreifen auf.[7, 8, 9] Zudem ist die Fühlerborste im Unterschied zu anderen Arten nicht gefiedert.[7, 8, 9]  


Die großen Facettenaugen der Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege weisen 2 schwarz-braune, oben und unten verbundene Haarstreifen auf, die eine Ellipse bilden. Bei den Männchen der Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege stoßen die Augen auf der Stirn zusammen (s. o.), während sie bei den Weibchen mehr oder weniger getrennt sind. Fotos: M. Neitzke


Bei der Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege sind die Fühlerborsten nicht gefiedert. Auf der rechten Abbildung ist ein Haarstreifen auf den Augen aufgrund der Beleuchtung deutlich zu erkennen. Fotos: M. Neitzke

Die erwachsenen Tiere (Imago) ernähren sich von Nektar und Pollen. Bei ihrem Blütenbesuch leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Bestäubung der von ihnen aufgesuchten Arten. Aufgrund ihrer ca. 8 mm langen Rüssel sind sie nicht auf offen präsentierten Nektar, wie beispielsweise in den Blüten der Doldenblütler angewiesen, sondern können auch den Nektar in Blüten mit einer kurzen und weiten Blütenröhre, wie etwa bei vielen Lippenblütlern, nutzen.[10] Sehr häufig sind sie auf den Blüten verschiedener Korbblütler anzutreffen, wo sie den aus den Staubblattröhren herausgepressten Pollen auftupfen oder den am Grund der Blüte abgeschiedenen Nektar aufsaugen.


Das Weibchen einer Mistbiene leckt den auskristallisierten Nektar von dem Nektarium einer Efeublüte (Hedera helix).[6] Foto: M. Neitzke


Auch die Blüten des Blutroten Hartriegels (Cornus sanguinea) werden wegen des reichen Pollen- und Nektarangebotes regelmäßig von der Mistbiene aufgesucht. Während der Pollen aus den sich öffnenden Staubbeuteln getupft wird, wird der Nektar von einen ringförmiges Drüsengewebe, das den Griffel polsterförmig umgibt aufgeschleckt. Ebenso wie bei den Blüten des Efeus wird der Nektar offen dargeboten und ist daher für Insekten leicht zugänglich.[6] Fotos: M. Neitzke


Eine männliche Mistbiene (Eristalis tenax) tupft bei einem Besuch der Gemeinen Schafgarbe (Achille millefolium) mit ihrem Rüssel den am Ende der Staubbeutelröhre herausgepressten Pollen ab. Die Gemeine Schafgarbe gehört zur Familie der Korbblütengewächse (Asteraceae).[6] Foto: M. Neitzke


Bei den Blüten des ebenfalls zu den Korbblütlern (Asteraceae) gehörenden Gewöhnlichen Wasserdostes (Eupatorium cannabinum) werden sowohl Nektar als auch Pollen verzehrt. Mit ihrem bis zu 8 mm langen Rüssel können sie auch in Blüten mit engen Röhren, wie z.B. die des Wasserdostes einzudringen und Nektar zu saugen.[6] Fotos: M. Neitzke


Auch das Nektar- und Pollenangebot der Gewöhnlichen Wegwarte (Chichorium intybus) (links) und der Echten Kamille (Matricaria chamomilla) (rechts) werden regelmäßig von der Mistbiene genutzt.[6] Fotos: M. Neitzke


Auch die goldgelben Blüten der Gewöhnlichen Goldrute (Solidago virgaurea) und der Kanadischen Goldrute (Solidago canadensis) locken die Mistbiene mit ihrem Pollen- und Nektarangebot an.[6] Fotos: M. Neitzke


Der Pollen und Nektar der fast radiären, glockigen Blüten verschiedener Minzarten, wie der Grünen Minze (Mentha spicata) und der Wasserminze (Mentha aquatica) können ebenfalls von der Mistbiene genutzt werden.[6] Fotos: M. Neitzke

Allerdings ist die Nahrungssuche, vor allem auf den schirmartigen Blütenständen der Doldenblütengewächse nicht ganz ungefährlich, wenn man am Ende der Nahrungskette steht. Potentielle Fressfeine, wie beispielsweide die Veränderliche Krabbenspinne (Misumena vatia) können sich perfekt zwischen den Blüten tarnen und blitzschnell zuschlagen.


Eine Veränderliche Krabbenspinne hat eine Mistbiene (Eristalis tenax), die ahnungslos auf dem Blütenstand eines Wiesenkerbels (Anthriscus sylvestris) gelandet ist und die gut getarnte Krabbenspinne nicht bemerkt hat, mit ihren Beinen ergriffen und versucht sie mit einem Biss zu töten, um sie anschließend auszusaugen. Fotos: M. Neitzke


Die Mistbiene ist aber nicht bereit kampflos aufzugeben und versucht sich aus der Umklammerung der Krabbenspinne zu befreien. Die heftige Gegenwehr der Mistbiene verhindert, dass die Krabbenspinne der Fliege ihr tödliches Gift injizieren kann. Fotos: M. Neitzke


Der Mistbiene gelingt es sich aus der tödlichen Umklammerung der Krabbenspinne zu lösen und zu befreien. Aufgeben ist eben nie eine Option. Fotos: M. Neitzke


Auch der Ufer- Wolfstrapp (Lycopus europaeus) (links) und der Dost (Origanum vulgare) (rechts) bieten Pollen und Nektar, der von der Mistbiene genutzt werden kann. [6] Fotos: M. Neitzke

Die weißgelben Larven der Mistbiene leben dagegen in Gräben, Teichen und anderen stehenden Gewässern mit einer großen Menge an organischen Nährstoffen, aber eben auch an etwas unappetitlicheren Orten, wie fauligem Wasser, Jauche- und Sickergruben, verwesendem Aas und Mist wo sie sich von faulenden organischen Pflanzenstoffen ernähren.[1, 8, 9] Die Larven der Gattung „Eristalis“ sind sehr gut an eine Lebensweise im Wasser angepasst. Sie gehören zu den sog. Rattenschwanzlarven. Sie besitzen am hinteren Körperende ein schwanzähnliches Atemrohr, das in ausgestrecktem Zustand eine Länge von bis zu 4 cm erreicht, was der mehrfachen Länge des eigentlichen Larvenkörpers entspricht. Dieses Atemrohr dient der Sauerstoffversorgung der Larven und besteht aus 3 Abschnitten, die teleskopartig ausgestülpt werden können. Es stellt eine Anpassung an ihre Lebensweise in schlammigen Tümpeln, Jauche- und Abortgruben oder mit Wasser gefüllten Baumhöhlen dar. Das Atemrohr ermöglicht es nämlich den Larven, ähnliche einem Schnorchel, bei einem Aufenthalt unter der Wasseroberfläche mit Hilfe der ausgestülpten Atemröhre atmosphärische Luft in das Tracheensystem aufzunehmen.[1] Die über den Boden kriechende Larve saugt die fressbaren Stoffe zusammen mit Wasser in die Mundhöhle. Die Nahrungspartikel werden zunächst von einem Siebapparat festgehalten, der wie eine Reuse wirkt und gelangen anschließend in den Darm, während das Wasser über eine Schlundkammer wieder durch die Mundöffnung abgeschieden wird.[1] Die Larven der Mistbiene leisten so einen Beitrag zur Klärung von Abwässern zum Nährstoffrecycling. Die etwas abwertende Titulierung dieser Fliegen als Mistbiene wird ihrer Leistung in unseren heimischen Ökosystemen nicht gerecht. Die ausgewachsenen Larven verlassen zum Verpuppen das Wasser und suchen trockenere Orte auf.[1, 5]

Die Mistbiene zeigt eine nahezu weltweite Verbreitung. In Mitteleuropa gehört sie zu den häufigsten Schwebfliegenarten und ist in fast allen Lebensräumen von der Ebene bis ins Gebirge zu Hause.[9] Die Mistbiene fliegt von März bis Oktober in 2-3 Generationen.[9] Die Mistbiene ist eine Wanderart, die ähnlich wie unsere Zugvögel und einige Schmetterlinge gezielte saisonale Wanderungen durchführt, die sie im Herbst von Mitteleuropa nach Süden und im Frühjahr wieder in die entgegengesetzte Richtung führen.[5, 9] Unter günstigen Bedingungen überwintern die befruchteten Weibchen aber auch in Mitteleuropa und können an warmen Tagen bei dem Blütenbesuch der ersten Frühjahrsblüher wie dem Winterling (Eranthis hyemalis) und dem Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) beobachtet werden. 


Die überwinternden Weibchen können bereits an den ersten warmen Tagen auf den Frühlingsblühern beobachtet werden. Der Nektar und Pollen des Winterlings (links) und des Schneeglöckchens stellen eine willkommene energiereiche Nahrung nach der Überwinterungsphase dar. Foto: M. Neitzke

Blütenbesuch 

Löwenzahn (Taraxacum officinale)

Korbblütengewächse (Asteraceae)

Zaun-Winde (Calystegia sepium)

Windengewächse (Convolvulaceae)

Eingriffliger Weißdorn (Crataegus monogyna), Rosengewächse (Rosaceae)

Spitz-Ahorn (Acer platanoides)

Seifenbaumgewächse (Sapindaceae)

Raue Gänsedistel (Sonchus aper)

Korbblütengewächse (Asteraceae)

Wiesen-Margerite (Leucanthemum vulgare), Korbblütengewächse (Asteraceae)

Blut-Weiderich (Lythrum salicaria)

Weiderichgewächse (Lythraceae)

Tüpfel-Hartheu (Hypericum perforatum)

Hartheugewächse (Hypericaceae)

Literatur:


  1. Bastian, O. (1986): Schwebfliegen, Neue Brehm-Bücherei, Band 576, Ziemsen, Wittenberg.
  2. Bellmann, H. (1999): Der neue Kosmos-Insektenführer. Kosmos-Naturführer, Franckh-Kosmos, Stuttgart, 446 S.
  3. Chinery, M. (2002): Buch der Insekten, Parey, Berlin, Wien, 3. Aufl. 328 S.
  4. http://www.insektenbox.de
  5. https://arthropodafotos.de
  6. https://biodiversität-und-schönheit.de/Pflanzenvielfalt
  7. https://www.natur-in-nrw.de
  8. https://www.naturspaziergang.de
  9. Kormann, K. (2002): Schwebfliegen und Blasenkopffliegen Mitteleuropas. Fauna Naturführer Band 1, Fauna Verlag, Nottuln, 270 S.
  10. Kugler, H. (1970): Blütenökologie, Gustav Fischer, Stuttgart, 345 S.Dies ist Absatztext. Klicken Sie darauf oder klicken Sie auf die Button Text verwalten, um Schriftart, Farbe, Größe, Format und mehr zu ändern. Um Website-weite Absatz- und Titelstile einzurichten, gehen Sie zu Website-Design.